Ich bin mit einem Genossen aus Bergedorf los und wir waren – oh Wunder – rechtzeitig in Berlin. Schon im Bus haben wir erste Mitstreiter getroffen aus Niedersachsen und aus Baden-Württemberg und der Busfahrer hatte uns wohl schon an der Nase angesehen, dass wir ins Willy Brandt Haus wollten, jedenfalls ließ er uns umsonst mitfahren, was sehr nett war. Dort angekommen – natürlich zu früh – konnten wir aber die Ankunft des Post-LKW mit den Paletten mit roten Kästen (15 Stück) beobachten und die Journaille, die vor dem Haus rumschwärmte.
Um 18.30 wurde es dann ernst, Akkreditierung und dann Abgabe von Rucksack und allem sonstigen und auch unserer Handys- schnüff – aber alle, wirklich alle waren brav, auch die vielen jungen Leute, die mit uns zählen wollen. Wir wurden eingewiesen und bewegten uns dann, nach einer weiteren Eingangskontrolle, in den 4. Stock, dort war für die Nacht unsere Mensa und unser Aufenthaltsraum. Da wir noch ein bisschen Zeit hatten, gab es ein „Mensch ärgere Dich nicht“ mit Genossen aus Hamburg, aus Niedersachsen und aus dem Rheinland. Ich habe gewonnen!! ???? Und lecker Essen und Trinken gab es auch die ganze Nacht hindurch, von Currywurst über Kartoffelsuppe bis hin zu warmen Schoko-Croissants am Morgen.
Dann wurde es ernst, die Sortierer wurden gerufen und wenig später auch wir Auszähler. An 4-er Tischen haben wir lange geübt, aber schließlich haben wir es alle geschafft, bis 10 zu zählen, ein Formblatt auszufüllen und zu unterschreiben. Die Hälfte der 120 Genossen waren Sortierer, aber wir Zähler waren so schnell, dass die nicht nachkamen. So gegen 03.00 Uhr wurde es eng und so sortierten wir dann alle gemeinsam für ca. 2 Stunden und siehe da, die roten Kisten wurden weniger und uns wurde schon zu dem Zeitpunkt klar, wie es wohl ausgehen würde.
Und immer wieder bildeten wir neue 4er Gruppen, so gab es viele spannende und lustige Gespräche mit Genossen, zum Schluss saß ich mit Genossen aus NRW und aus dem Emsland an einem Tisch und es wurde 7.30 Uhr und die letzte rote Kiste wurde in Angriff genommen und weiter wurde gezählt. Zwischendurch hatten wir ja mal Zweifel, ob wir es bis 09.00 Uhr schaffen, aber so nach und nach gab es an den Tischen laute Rufe, High Fives, und Klatschen. Wir hatten fertig!
Und auch die Prüfungskommission passte sich unserem Tempo an. Die Kollegen sammelten mit ein, versorgten uns zwischendurch mit Getränken und erinnerte uns daran, geht an die frische Luft auf die Terrasse und muss denn keiner ein bisschen schlafen? Aber unser Adrenalin war so hoch, da war an Schlaf nicht zu denken.
Alle waren fertig und wir trafen uns noch einmal in unserem 4. Stock und beschlossen – da uns allen das Ergebnis klar war – es wird nicht laut applaudiert, so muss sich keiner ärgern. Dies setzten wir dann auch um. Hinter mir stand Lars Klingbeil und war völlig schockiert, das wir zwar vorher unsere Arbeit beklatscht hatten, aber bei dem Ergebnis Stille herrschte. Und auf diesen kurzen Moment haben auch alle Medien reagiert und unser Olaf hat es blitzschnell als etwas Positives verkauft.
Es gab – wer wollte – noch ein Sektchen und einen feuchten Händedruck oder ein Foto – aber viele holten sich einfach ihre Sachen und wir verstreuten uns in alle Winde. Ich bin ganz langsam durch die noch stillen Straßen in Berlin gelaufen, tief Luft holend und so langsam wieder auf die Erde kommend vom Planet WBH.
Wie es war für mich: Spannend, fröhlich, interessant, anstrengend und noch vieles andere, aber ich würde es immer wieder machen, wenn ich gefragt würde.